In den nächsten Jahren gehen Millionen deutsche Arbeitnehmer in Rente. Gleichzeitig erreicht Deutschland bei der Erwerbstätigkeit älterer Beschäftigter Spitzenwerte. Manche arbeiten mit 70 noch immer einige Stunden pro Woche in ihrem Betrieb. Warum diese Menschen eine wichtige Rolle für unsere wirtschaftliche Zukunft spielen und wie sie arbeiten möchten, erfahren Sie jetzt.
In den letzten Jahren ist der Anteil von Menschen im Rentenalter, die erwerbstätig sind, kontinuierlich gestiegen. Ihre Zahl hat sich binnen 10 Jahren laut Statistischem Bundesamt verdoppelt. 2009 lag der Anteil arbeitender Rentnerinnen und Rentner bei 4 Prozent, 2019 schon bei 8 Prozent.
Anteil der arbeitenden Rentner steigt in Deutschland
Nach Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales waren 2023 bundesweit über eine Million Erwerbstätige älter als 67 Jahre und damit schon 56.000 mehr als 2022.
Bezieht man die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ab 60 Jahren mit ein, gibt es laut der Bundesagentur für Arbeit sogar mehr als 3,5 Millionen ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Gründe der Rentner zu arbeiten
Was sind die wichtigsten Motive, im hohen Alter und nach dem Renteneintritt weiterzuarbeiten?
Aus der Erwachsenenbefragung des Nationalen Bildungspanels (NEPS) in den Jahren 2012/2013 bis 2015/2016 ging hervor, dass der Erwerbsarbeit im Rentenalter nicht ausschließlich finanzielle Gründe oder existenzsichernde Motive zugrunde liegen.
Unter den persönlichen Motiven aller Rentenbezieher, die neben einer Altersrente weiterhin einer regelmäßigen Erwerbsarbeit nachgehen oder arbeiten wollen, überwiegen meist soziale Gründe.
Über 90 Prozent der Befragten gaben an, sie hätten Spaß an der Arbeit und an dem Kontakt zu anderen Menschen. Die Ergebnisse für Frauen und Männer fielen ähnlich aus.
89 Prozent der Frauen und 88 Prozent der Männer berichteten außerdem, weiterhin eine Aufgabe haben zu wollen.
Den Befragten, die aus sozialen Gründen ihre Erwerbstätigkeit fortsetzen wollten, stand bei der Befragung allerdings auch ein nicht unbedeutender Teil an Rentnern gegenüber, die auch oder ausschließlich finanzielle Gründe anführten. Diese zweite Gruppe ist bei den einkommensschwachen Rentnerinnen und Rentnern besonders ausgeprägt.
Interessanterweise üben besonders Selbstständige und mithelfende Familienangehörige ihren Beruf häufig jenseits eines Alters von 65 Jahren aus.
Ihr Anteil liegt mehr als dreimal so hoch wie bei allen Erwerbstätigen. Ein Grund dafür kann laut Statistischem Bundesamt sein, dass für Selbstständige keine Rentenversicherungspflicht existiert, sodass viele Selbstständige im Alter keine gesetzliche Rente erhalten. Darüber hinaus gibt es auch kein gesetzlich festgelegtes Alter des Renteneintritts als psychologischen Bezugspunkt.
Bevölkerung altert in Deutschland und Europa zunehmend
Die Überalterung der Bevölkerung wird in Deutschland ein zunehmendes Problem. 1984 gab es mit 11 Millionen Menschen über 65 Jahren die geringste Anzahl an Personen im nicht mehr erwerbstätigen Rentenalter. Diese Zahl wuchs bis 2022 auf 19 Millionen und wird laut aktueller Voraussagen der OECD weiter auf 23 Millionen ansteigen.
Die starke Zunahme der Bevölkerung im Rentenalter ist aber kein rein deutsches Phänomen, sondern wird in ganz Europa beobachtet.
Arbeitskräftepotential schrumpft
Daraus ergibt sich, dass das Arbeitskräftepotential sowohl in Deutschland als auch in Europa sinkt. Das Arbeitskräftepotential ist ein statistischer Begriff, der die erwerbsfähigen Personen der Gesamtbevölkerung beschreibt.
Für die Festlegung des Arbeitskräftepotential werden die hierfür geltenden Altersgrenzen, die die Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahre einschließen, genutzt.
Wenn man diese Größe betrachtet, sieht man, dass Deutschland 1997 mit 56 Millionen Erwerbsfähigen einen Höhepunkt des Arbeitskräftepotenzials hatte. Seitdem fällt es kontinuierlich. In 2022 erreichte das Arbeitskräftepotential 53 Millionen Personen, die OECD sagt für 2040 einen Wert von 49 Millionen voraus.
Spürbarer Personalmangel in Deutschland
Das sinkende Arbeitskräftepotential führt zusammen mit einer robusten wirtschaftlichen Entwicklung zu einer niedrigen Arbeitslosenquote und einer hohen Erwerbstätigenquote.
Daraus ergibt sich in Deutschland allerdings auch ein spürbarer Personalmangel. Hierzulande erreichte die Anzahl offener Stellen 2022 mit 886.000 den höchsten Wert seit Beginn der Messung 1989.
Die Tatsache, dass mit der Babyboomer-Generation in den nächsten Jahren Millionen von Erwerbstätigen in Rente gehen, wird den Fachkräftemangel weiter verschärfen. Schon jetzt ist er in vielen Branchen deutlich zu spüren. Dazu gehören beispielsweise die Pflege- und Gesundheitsbranche, das Handwerk oder der Güterverkehr.
Die Berufe dieser Branchen zählen zu den Engpassberufen, in denen Fachkräfte bereits jetzt rar sind. Laut einer Studie des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) sind 40 Prozent der Spezialistinnen und Spezialisten “der Aufsicht und Führung in den Bereichen Gesundheits- und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe über 55 Jahre alt, während gleichzeitig schon jetzt etwa 90 Prozent der Stellen nicht besetzt werden können. Unter den Expertenberufen ist unter anderem die Führung in der Altenpflege von hohen Ersatzbedarfen und einer angespannten Fachkräftesituation betroffen.”
Nachwuchsprobleme: Rentner werden gebraucht
Laut der KOFA-Studie reagieren die Unternehmen “auf die Knappheit am Arbeitsmarkt und bilden intensiver aus. Besonders in Engpassberufen mit einem hohen Anteil älterer Beschäftigter wurde das Ausbildungsplatzangebot von 2013 bis 2020 um 31,1 Prozent deutlich erhöht.”
Das Kompetenzzentrum weist darauf hin, dass es auch helfen könnte, "erfahrene Fachkräfte länger im Job zu halten”. Genau dies tun einige Unternehmen bereits, indem sie auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kurz vor der Rente zugehen und eine mögliche Verlängerung der Berufszeit ansprechen. Häufig bieten sie den angehenden Rentnerinnen und Rentnern beispielsweise reduzierte Arbeitszeitmodelle an.
Know-how trägt zum großen Potenzial älterer Beschäftigter bei
Rentnerinnen und Rentner sind nicht nur eine Hilfe gegen Personalmangel. Ihre Erfahrung, Routine und Sozialkompetenzen machen sie zu wertvollen Mitarbeitenden und Mentoren für jüngere Kolleginnen und Kollegen.
Wie wollen Rentnerinnen und Rentner arbeiten?
Einen Einblick, wie Rentner am liebsten arbeiten möchten, kann über eine Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gewonnen werden.
In dieser Studie werden Unternehmen befragt, wie sie ihre Arbeitnehmer im Rentenalter bewegen konnten, für sie weiterzuarbeiten, falls sie das schon einmal versucht haben.
Die Firmen, die erfolgreich rentenberechtigte Mitarbeiter halten, machten Angaben, welche Angebote zum Erfolg führten.
Mit 60 Prozent gab die überwiegende Mehrheit der Unternehmen kürzere Arbeitszeiten als wichtiges Angebot an. 49 Prozent der Unternehmen gaben des Weiteren an, dass sie rentenberechtigte Mitarbeitende mit einer Flexibilisierung der Arbeitszeit halten konnten.
Eine Veränderung des Tätigkeitsprofils stellte für insgesamt 17 Prozent der Unternehmen ein erfolgreiches Instrument dar, während 13 Prozent mit einer höheren Entlohnung, Prämien oder einer Beförderung rentenberechtigte Angestellte weiter beschäftigen konnten.
Andere Maßnahmen wie der Ausbau des Gesundheitsschutzes sowie die Verbesserung von Weiterbildungsmöglichkeiten spielen laut der Studie des IABs nur eine untergeordnete Rolle.
Die meisten Älteren wollen in Teilzeit oder Minijobs arbeiten
Die herausragende Bedeutung kürzerer Arbeitszeiten spiegelt sich in hohen Teilzeitquoten unter älteren Beschäftigten wider.
So arbeiteten im Jahr 2014 unter den 60- bis 64-Jährigen 68 Prozent der Frauen und 33 Prozent der Männer in regulärer Teilzeit oder waren geringfügig in Minijobs beschäftigt.
Dies deckt sich mit Forschung zu altersspezifischen Arbeitszeitwünschen, wonach ältere männliche Beschäftigte in Vollzeit ihre Arbeitszeit häufiger reduzieren möchten als jüngere Kollegen.
Die 10 wichtigsten Fragen zum Thema Minijobs für Rentner beantworten wir hier.
Guter Zuverdienst und finanzielle Anreize machen das Arbeiten im Rentenalter attraktiv
Die Bundesregierung reagiert auf den Fachkräftemangel und hat das große Potenzial arbeitender Rentnerinnen und Rentner erkannt. Seit 2023 gibt es für Frührentner keine Hinzuverdienstgrenzen mehr. Sie können also praktisch unbegrenzt arbeiten, ohne dass die Rente gekürzt wird. So haben sie durch Rente und Job ein doppeltes Einkommen.
Durch das Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus kann man außerdem weitere Rentenansprüche und somit finanzielle Vorteile erwerben.
Andere Vorstöße der Regierung, wie etwa das Renteneintrittsalter zu erhöhen, stoßen in der Bevölkerung auf weit weniger Gegenliebe.
Fazit: Rentnerjobs gegen den Fachkräftemangel?
Die Beschäftigung von Rentnern ist durchaus eine sinnvolle Maßnahme, um dem Fachkräftemangel in Deutschland zu begegnen. Mit ihrer langjährigen Berufserfahrung und ihrem umfassenden Fachwissen können sie einen wertvollen Beitrag leisten. Ihre Bereitschaft zu flexiblen Arbeitsbedingungen könnte Unternehmen ermöglichen, Engpässe zu überbrücken, insbesondere in Branchen mit akutem Personalmangel. Zudem fördert die soziale Integration älterer Menschen am Arbeitsplatz die Vielfalt.
Insgesamt könnte die Beschäftigung von Rentnerinnen und Rentnern eine sinnvolle Ergänzung in einem umfassenden Ansatz zur Bewältigung des Fachkräftemangels sein. Dieser Ansatz sollte jedoch auch die Ausbildung junger Talente und die Förderung von Arbeitskräften aus verschiedenen Quellen berücksichtigen, um eine nachhaltige Lösung für die Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen.
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Solange keine gesundheitlichen Gründe dagegen sprechen, können Menschen über 65 oder 70 Jahren weiterhin einer Arbeit nachgehen. Viele können diesen Zuverdienst gut gebrauchen und auch der Spaß ist häufig ein wichtiges Argument für Arbeitnehmer im Rentenalter. Die bisherige Forschung zur Erwerbstätigkeit im Rentenalter zeigt, dass Unternehmen hauptsächlich das Instrument kürzerer oder flexiblerer Arbeitszeiten nutzen können, um von dem großen Potenzial älterer Mitarbeitender zu profitieren. Weiterhin sollten Arbeitgeber altersgerechtes Arbeiten und Altersdiversität durch entsprechende Arbeitsbedingungen proaktiv fördern.